Ein lautes „Bravo“ für ein leises Buch: „Der Krakeeler“

Dieses Bilderbuch hat mich verzaubert. Sowohl seine Geschichte als auch seine Bilder haben mich sofort eingenommen. Zuerst hat mich der Titel angezogen: Der Krakeeler. Die Wortschöpfung klingt vertraut und geheimnisvoll. Das Verb „krakeelen“ verbindet einige Bedeutungen zu einem charakteristischen Ausdruck, der eine Mischung aus lärmen, schreien, zetern, streiten umschreibt. Durch den lautmalerischen Charakter des Wortes glaubt man die dazugehörigen Töne gleich im Ohr zu haben. Und die Wortschöpfung spricht eine Eigenart von Kindergartenkindern an, die gerne verschiedene Lautstärken ausprobieren und damit Eltern gehörig auf die Nerven gehen können.

Überraschenderweise ist es in dieser Geschichte jedoch umgekehrt: Helene fühlt sich nicht wohl, weil ihr Vater ein Krakeeler ist, der alle seine Wünsche, Bemerkungen und Vorwürfe lauthals herausschreit. Die Mutter erklärt ihrer Tochter, dass die ganze Familie des Vaters aus Krakeelern besteht, dass Helene auch dazugehört und eine Krakeelerin werden kann. Bei diesem Gedanken ist dem Mädchen so unwohl, dass es sein Zuhause verlässt und in der großen Stadt sich als Musikerin versucht. Weil Helene ihrem Gefühl und ihrem Talent folgt, findet die Familie am Ende wieder zusammen.

Mit märchenhafter Klarheit und Selbstverständlichkeit erzählen und illustrieren die beiden Autoren diese Geschichte. In ruhigen Bildern, mit wunderbar warmen Farben wird eine Fantasiewelt geschaffen. Die Figuren sehen aus wie Katzen, sind unverwechselbar, obwohl sie ohne viel Schnickschnack auskommen. So einfach und klar wie sie gezeichnet sind, handeln Helene und ihre Eltern und lösen ihren gemeinsamen Konflikt. Das Katzenmädchen zeigt viel Selbstbewusstsein, ihre Mutter erklärt mit bewundernswerter Geduld das störende Verhalten des Vaters. Und am Ende wird deutlich, dass die Macke des Vaters auch ihr Gutes haben kann. Denn nach dem Konzert der kleinen Trompeterin ist das Krakeelen erlaubt. „Bravo“ kann man nicht laut genug rufen.

 Moni Port / Philip Waechter: Der Krakeeler. Beltz&Gelberg 2010. ab 4 Jahren. 12,95 Euro.