Lesung an einem Sommernachmittag: „Die Sommersprosse“ von Thomas J. Hauck und Lena Meyer

Eigentlich war heute kein Tag, um in einer Buchhandlung einer Lesung zu lauschen. Eigentlich war heute ein Tag, um an einen See zu fahren und sich dort abzukühlen. Trotzdem passte die Buchvorstellung von „Die Sommersprosse“ doch zum heutigen Tag. Vielleicht weil der Titel nach Sommer klingt. Vielleicht weil die Ilustrationen so luftig und leicht sind. Vielleicht weil die Geschichte und die Bilder nostalgische Erinnerungen wecken.

Es handelt sich doch tatsächlich um eine Liebesgeschichte, dieses Mal aber keine kitschige wie bei „Herr Anders“ von Eva Schatz und Stefanie Reich; die ich vor kurzem besprochen habe. Diese Liebesgeschichte gefällt mir richtig gut, denn es geht nicht um „Liebe auf den ersten Blick“, um die Suche nach einem perfekten Ebenbild. Es geht um Gemeinsamkeiten und Unterschiede, um die Wahrnehmung des Anderen. Tilli und Tim sind jedenfalls beste Freunde. Als Tilli eines Morgens entdeckt, dass ihr eine Sommersprosse auf der Nase fehlt, ist sie sehr traurig. Tim macht sich Sorgen um seine Freundin. Dann fällt beiden jedoch eine Lösung ein und ihre Freundschaft verändert sich.

Die Geschichte und die Bilder dazu wurden heute in der Buchhandlung „Nimmersatt“ in Berlin-Kreuzberg vorgestellt. Der Autor Thomas J. Hauck las die Geschichte und erzählte gemeinsam mit der Illustratorin Lena Meyer von der Entstehung des Buches sowie von der Zusammenarbeit mit dem österreichischen Verlag „Bibliothek der Provinz“, der es herausgebracht hat, obwohl deutschen AutorInnen auf dem österreichischen Markt normalerweise keine großen Chancen eingeräumt werden. Nach der Lesung konnten sich die Zuhörer auch die schönen Originalillustrationen von Lena Meyer ansehen, auf denen man gut die Collagetechnik sieht, die die Illustratorin angewendet hat. Die Ausstellung wird im August in Leipzig und im September in Lauf an der Pegnitz zu sehen sein. Weitere Termine für Lesungen und Ausstellungen sollen folgen.

Durch den lebendigen Vortrag von Thomas J. Hauck war die Lesung ein sehr kurzweiliges Vergnügen. Kinderbücher haben auch meistens den Vorteil, dass sie schnell vorgelesen sind. So blieb noch genügend Zeit für einen Sommergenuss: eine große Kugel Heidelbeereis!

Thomas J. Hauck und Lena Meyer: Die Sommersprosse. Bibliothek der Provinz 2011. keine Altersangabe des Verlags, ab ca. 8 Jahren. 15 Euro.

Urzeitroboter 8. Teil: „Herr Anders“ von Eva Schatz und Stefanie Reich

Eine Warnung vorne weg: Dieses Buch habe ich überhaupt nicht verstanden. Es hat mich ratlos gemacht, denn es wird als eine Geschichte über die Toleranz gegenüber Eigenarten von Menschen angekündigt, entpuppt sich dann aber als schnöde Liebesgeschichte, in der die Suche nach Gemeinsamkeiten und Gleichartigkeiten im Vordergrund steht. Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob es sinnvoll ist, Kindern eine solche Geschichte, die das für Kinder total abstrakte Konzept von romantischer Liebe verhandelt, vorzulesen. Noch dazu in einer so kitschigen Form? Ist das nicht Erwachsenenkram, der Kinder sowieso nicht interessiert?  Werden die Ärmsten (vor allem Mädchen) nicht früh genug mit Schmalzgeschichten allerorten, die romantisierende Vorstellungen verbreiten, konfrontiert?

Hier der Klappentext für einen Einblick: „Herr Anders wünscht sich eine Freundin. Aber das ist gar nicht so einfach. Denn Herr Anders ist anders: er duscht morgens mit Himbeersirup, isst gern Telefon mit Quark und geht mit seiner Schnecke spazieren. Doch dann lernt Herr Anders eine Frau kennen, die genauso besonders ist, wie er selbst.“ … und die ihm seine Lieblingsspeise kocht.In dieser Geschichte stecken Klischees ohne Ende: die beiden verlieben sich auf den ersten Blick, die Frau erlöst den Mann aus seiner Traurigkeit und bringt mit ihrem geblümten Kleid neue Freude in sein Leben.

Eine merkwürdige Position nehmen dabei die Illustrationen ein: Die Figuren sehen mit ihren großflächigen Gesichtern wirklich zauberhaft aus und haben auch mich zuerst sehr angesprochen. Auf den zweiten Blick merkt man aber, dass Sie jedoch den sehr niedlichen Eindruck verstärken, der das Buch wie Kitsch wirken lässt. Hier ist alles viel zu dick aufgetragen, fehlen nur noch die rosaroten Wolken. Und worin der Witz und Humor der Geschichte bestehen soll, hat sich mir beim besten Willen nicht erschlossen.

Mein Fazit: Die Thematik scheint mir für Kinder nicht geeignet. (minus) Ich habe nicht verstanden, warum das Buch lustig sein könnte. (minus)

Eva Schatz und  Stefanie Reich: Herr Anders. Tulipan Verlag 2011. ab 4 Jahren. 14,95 Euro.