Unsere Leben als Roboter: „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ von Boy Lornsen

robbie tobbieIn den letzten Wochen habe ich ziemlich viel gearbeitet. Zwischen Arbeitsweg, Kita, Spülmaschine, Waschmaschine und Supermarkt spielte sich ein fremd bestimmter Alltag ein, den ich längere Zeit nicht hatte. Da brachten mir ein Vorlesebuch und Unterhaltungen mit unserem Sohn darüber eine schöne Metapher, die meinen Zustand in Worte fasste: Ich fühlte mich oft wie ein Roboter, ferngesteuert, ohne eigenen Antrieb, auf das Funktionieren für andere ausgerichtet.

Die Metapher kam durch „Robbi, Tobbi und das Fliewatüt“ von Boy Lornsen zu uns, einem Kinderbuchklassiker aus dem Jahre 1967, mit Zeichnungen des Jim-Knopf-Illustrators F.J.Tripp, die gleich ein vertrautes Gefühl vermittelten.

Tobias Findteisen, genannt Tobbi, besucht die dritte Klasse der Volksschule und ist Erfinder des Fliewatüüts, eines universalen Fortbewegungsmittels. Denn es kann wie ein Flugzeug fliegen, wie ein Schiff auf dem Wasser schwimmen und wie ein Auto als Landfahrzeug fahren – daher das tüüt. Angetrieben wird das Fliewatüüt mit dem Himbeersaft von Tante Paula, später wird dieser Treibstoff durch Lebertran ersetzt. Tobbi ist Kopilot des Fliewatüüts. Der Pilot heißt ROB 344–66/IIIa, wird aber aus verständlichen Gründen Robbi genannt. Robbi ist in der dritten Klasse der Robotschule. Gemeinsam machen sich die beiden im Fliewatüüt auf, um für Robbi drei Roboterprüfungsaufgaben zu lösen: 1. Aufgabe: Wie viele Treppenstufen hat der gelb-schwarz-geringelte Leuchtturm? 2. Aufgabe: Wer steht am Nordpol und fängt mit „Z“ an? 3. Aufgabe: Suche die dreieckige Burg mit den dreieckigen Türmen und ergründe ihr Geheimnis!

Durch die gemeinsame Lösung der Aufgaben wird Tobbis Traum vom Fliegen mit dem Fliewatüüt Wirklichkeit und Robbi kann in die nächste Roboterklasse versetzt werden. Die beiden Freunde ergänzen sich perfekt. Der kleine Roboter gleicht die Schwächen des Jungen aus. Er kann die weite Strecke vom Nordpol nach Schottland (wo die dreieckige Burg steht) weiter fliegen, wenn Tobbi müde ist. Er benötigt weniger Nahrung als das Menschenkind, nur ab und zu ein bisschen Öl.

Leider besitze ich nicht so viele Roboter-Qualitäten – ich brauche Schlaf und regelmäßige Nahrung ist wichtig. Und Teleskoparme habe ich leider auch nicht. Die hatte sich hingegen unser Sohn vorgestellt. Ein paar Tage lang fuhr er sie am Tisch aus und plötzlich konnte er wundersame Dinge, die vorher der Mama-Roboter erledigen musste, wunderbar selbst verrichten. Auch den Spiral-Hals hatte er von Robbie übernommen und war über Nacht 10cm gewachsen. Die „Ich-bin-ein-Roboter“-Phase dauerte nicht lange an (das Vergnügen am Buch hielt aber schon ein paar Wochen), worüber ich einerseits ein bisschen traurig war, denn Roboter sind irgendwie selbstständiger als Menschenjungen. Ich mich andererseits aber auch freute, denn die Kommunikation mit einem Maschinenkind ist schwierig. Die Maschine war noch eigensinniger als das normale Kind und das raubte der Roboter-Mama mehr Kräfte als der Alltag zwischen Arbeit, Haushalt und Kinderbetreuung.

Boy Lornsen: Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt. Thienemann Verlag 1967. 12,00 Euro. ab 8 Jahren (als Vorlesebuch ab 5 Jahren).

Bilder, Bilder, Bilder: Die Lange Nacht der Illustration

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