Ein Buch, das es noch nicht gibt: „Mein kleiner Fisch“ von Julia Reiter

Mein kleiner FischVor kurzem meldete sich eine Illustratorin bei mir und sie stellte mir ein Buch vor, das es noch nicht gibt. Sie möchte es ohne die Hilfe eines Verlags drucken lassen. Mir gefiel ihre Arbeit sehr gut und so möchte ich euch ihr Projekt ans Herz legen. Hier ist der Link zur Finanzierungsseite für das Buch: http://www.startnext.de/meinkleinerfisch

Neben den schönen Aquarellen und der liebevollen Gestaltung finde ich auch die Geschichte des Buchs ganz interessant: Die Illustratorin wurde inspiriert von einem Buch aus ihrer Kindheit. Sie fand als Erwachsene die Zeichnungen langweilig und das Zusammenspiel von Text und Bildern misslungen. So wollte sie aus dieser Geschichte etwas Eigenes machen.

Dieser Gedanke gefällt mir: Welches Buch aus meiner Kindheit würde ich gerne mal neu gestalten? Was würde ich anders machen? Zwar fehlen mir die gestalterischen Mittel für so eine Aufgabe, aber als Gedankenexperiment finde ich die Vorstellung ganz spannend. Da werde ich am langen Wochenende mal mein Bücherregal durchstöbern. Und ihr? Habt ihr auch ein Lieblingsbuch aus eurer Kindheit, das ihr gerne anders gestalten würdet? Ich bin gespannt auf eure Ideen!

Julia Reiter: Mein kleiner Fisch. Noch nicht erschienen. 18 Euro. ab 4 Jahren.

Ein Geburtstagsgeschenk und Glücksbringer: „Der schwarze Hund“ von Levi Pinfold

schwarze hundDer fünfte Geburtstag ist vorbei. Es war schön. Und es fing gut an am Morgen. Mit einem kurzen, aber umso wertvolleren Blick in ein Geburtstagsgeschenk – in ein wunderbares, etwas schräges, dafür aber Mut machendes Buch.

Die Geschichte geht so: Vor dem Haus der Familie Hoop steht ein schwarzer Hund. Vater Hoop sieht ihn zuerst, erschrickt und weiß nicht, was er tun soll. Seine Ratlosigkeit überträgt sich auf die anderen Familienmitglieder. In ihrer Panik wächst der Hund und nimmt gigantische Ausmaße an. Bis das jüngste Kind, Klein Hoop, nach draußen geht und mit dem Tier spricht. Als der Hund an ihr schnüffelt, läuft sie weg, denkt sich aber dabei Zaubersprüche aus, die das Ungetüm schrumpfen lassen. Es funktioniert tatsächlich, schließlich passt der Hund durch die Katzenklappe und kann der Familie vorgestellt werden.

Die Atmosphäre des Bilderbuchs erinnert zuerst an Edgar-Wallace-Filme. Auf dem Cover ist ein einsames, sehr spitzgiebliges Haus in einem Schneewald abgebildet. So sehen Spukhäuser aus. Die kleinen Vignetten in Sepia, die den Text begleiten, beschwören eine vergangene, märchenhafte Zeit. Dafür sind die ganzseitigen Bilder auf der rechten Seite gespickt mit Alltagsszenen: Die Mutter gießt sich einen Kaffee ein, ein Kind putzt die Zähne, ein anderes wacht aus dem Schlaf auf. Das jüngste Kind schließlich tritt dem riesigen Hund gegenüber und blickt in überdimensionale, feuchte, glänzende Nüstern und warme, treuherzige Augen.

Dieses Bild beeindruckt durch seine Größe. Der Betrachter soll den Hund aus der Perspektive von Klein Hoop wahrnehmen. Dennoch wurde das Kind in der Bild integriert, um die Größneverhältnisse zu verdeutlichen. Mich irritiert diese Perspektive ein wenig – aber egal, denn dann geht es gleich mit der aufregenden Verfolgungsjagd weiter und man kann zusehene, wie der schwarze Hund mehr und mehr schrumpft. Bis die beiden das Haus der Familie Hoop erreichen und sich am Ende alle gemütlich am Kamin versammeln.

Manchmal stehe ich Herauforderungen auch so gegenüber wie die Familie Hoop dem schwarzen Hund. Mit dem Mut, den auch Klein Hoop hatte, klappt es dann meistens ganz gut. Nur Zaubersprüche fehlen mir manchmal, da könnte ich noch mehr gebrauchen. Wie haltet ihr es mit Zaubersprüchen? Kennt ihr eine empfehlenswerte Sammlung oder denkt ihr euch lieber selbst welche aus?

Blogfütterung

vogelhäuschenWenn Blogleser Vöglein wären … im Winter auf der Suche nach etwas Nahrung für den Kopf … ein paar Körner, Ideen, Bücher für die langen, dunklen Winterabende … dann möchte der Pincchio gerne helfen und stellt sein Vogelhäuschen nach draußen.

Wie im Vogelhäuschen gibt es heute ein paar kleine Körner, denn für einen großen, leckeren Meisenknödel mit Haferflocken und Nüssen reicht die Zeit im Moment leider nicht. Wenn wir tiefer in die Kunst der  Vogelfütterung eingestiegen sind, dann gibt es ein paar leckere selbst gemachte Futterangebote – und kein industriell hergestelltes Massenfutter – das Internet hat dafür auch schon etwas bereit.

Hier aber erst einmal die kleinen Körner:

– Anfang des Jahres wurde die Blogbetreiberin gebeten, Ihren Blog in einer Reihe,  bei der buchaffine Blogs präsentiert werden, vorzustellen. Dazu habe ich ein kleines Interview gegeben, das hier nachzulesen ist.

– Eine weitere Interviewanfrage von einem befreundeten Blog wird mich in den nächsten Wochen noch ein bisschen beschäftigen. Ich sage euch Bescheid, wenn der Text fertig ist.

– Ich hatte von meinem Umgang mit der Koskosnuss-Reihe berichtet. Ich habe es geschafft, die Figur für eine Weile zu verdrängen … und zwar mit „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“. Ein großartiges Kinderbuch, über das ich demnächst gerne mehr schreiben möchte. Da es aber recht umfangreich ist, brauche ich für einen Bericht noch ein Weilchen.

– Eine schöne Lektüre hat uns vor kurzem unser Kindergarten beschert, mit einem so genannten Ich-Buch. Wir sollten Fotos mitbringen und unser Sohn hat der Erzieherin erzählt, was darauf zu sehen ist. Dieser kleine Text wurde aufgeschrieben, die Fotos dazu geklebt und das Ganze mit einem Klemmhosenbügel zusammengebunden. Es war für mich ein sehr rührender Moment, in dem kleinen Buch zu blättern.

– Und zum Schluss noch ein kleiner Berlin-Tipp: Im Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur „lesart“ in der Weinmeisterstraße in Berlin-Mitte ist im Moment eine spannende Ausstellung zu Märchenillustrationen zu sehen.  Hier gibt es nähere Informationen dazu.

Viel Spaß beim Picken und Knabbern!

Aus einer anderen Zeit: „Der Star im Apfelbaum“ von Edith Bergner

Wie schon erwähnt, lesen wir gerade recht viel aus dem Band „Erzähl mir vom kleinen Angsthasen“ vor. Zwei Geschichten daraus haben mich irgendwie fasziniert, auf eine recht ambivalente Art und Weise. Ihren Inhalt fand ich zuerst banal und zu pädagogisch. Ihre Sprache und Konstruktion aber hat mich bezaubert und berührt. Lustigerweise sind beide Geschichten von derselben Autorin, Edith Bergner. Die Geschichten heißen: „Vom Jochen, der nicht aufräumen wollte“ und „Der Star im Apfelbaum“.

Letztere von beiden Geschichten ist eine Frühlingsfabel – nicht gerade passend zur derzeitigen Jahreszeit, aber egal. Das Mädchen Babett erwartet sehnsüchtig den Frühling, der Star im Apfelbaum soll ihn wecken, schafft es mit seinem Lied aber nicht. Da soll er andere Lieder finden, die den Frühling bringen und der Vogel macht sich auf die Suche. Er lernt die Gesänge der Libelle, der Wildente, des Uhus und der Lachtaube kennen, doch den Frühling weckt er damit nicht. Zu seinem Entsetzen muss er entdecken, dass er bei der Suche sein eigenes Lied vergessen hat. Erst die Begegnung mit einer Starin bringt ihm seine Stimme zurück und damit erwacht dann auch der Frühling.

Die Lieder der einzelnen Tiere werden lautmalerisch wiedergegeben. Der Star singt: „Züp, züp, zie-züp, züp, zie, ich habe eine Nachricht für Sie! Der Frühling schläft im Apfelbaum. Züp, züp, witt, witt, wir wollen ihn wecken. Kommen Sie mit?“ Die Libelle antwortet: „Sü, sü, es ist noch zu früh.“ Daraufhin die Wildente: „Waak, waak, wir warten bis zum Donnerstag.“ Der Uhu faucht: „Bu-hu, lass mich in Ruh!“ Und die Lachtaube kichert: „Gri, gri, ci, ci, cheri!“ Diese Lautmalereien strukturieren die Geschichte und verleihen ihr viel Farbe und Poesie. Die recht einfache Tierfabel und Naturbeobachtung bekommt eine schöne und besondere Atmosphäre.

Ebenso verfährt Edith Bergner in „Vom Jochen, der nicht aufräumen wollte“. Das Spielzeug von Jochen, das kaputt und lieblos im Zimmer herum liegt, wird zum Leben erweckt und bekommt lustige Namen wie die Trommel Wummbummbommel oder das Kasperl Klabasterl. Und so tritt die sehr pädagogische Handlung der Geschichte in den Hintergrund und der Spaß an der Sprache wird geweckt.

Dieses poetische Vorgehen in den Geschichten hat mich so neugierig gemacht, dass ich ein paar Recherchen zur Autorin angestellt habe. Dabei bin ich aber nicht sehr erfolgreich gewesen, es gibt nur wenige Informationen zu Edith Bergner, keinen Wikipedia-Eintrag, nur ein Büchlein, eine Festschrift zum 70. Geburtstag, aus der DDR habe ich gefunden. Sie wurde 1917 als Tochter eines Bauern auf dem Land geboren und war in der ersten Hälfte ihres Lebens von den Katastrophen des 20. Jahrhunderts direkt betroffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sie mit ihrer Mutter allein den heimatlichen Hof bewirtschaften und kann ihren kulturellen Interessen erst ab 1953 nachgehen, als sie nach Halle zog. In Halle war sie als Kulturfunktionärin sehr aktiv und setzte sich für jüngere Schriftstellerkollegen ein.

Leider habe ich mich noch nicht intensiv mit der DDR-Kinderliteratur auseinander gesetzt, so dass es mir schwer fällt, Edith Bergners Engagement für das DDR-Regime einzuschätzen. Die Frage aber, wie die eigentlich unpolitische und „harmlose“ Kinderliteratur mit Staatsinteressen verquickt war oder gegen sie gearbeitet hat, finde ich sehr spannend. Wenn es Gelegenheit dazu gibt, werde ich mich noch weiter damit beschäftigen.

Edith Bergner: Der Star im Apfelbaum. Mit Bildern von Ingeborg Meyer-Rey. In: Corinna Schiller (Hrsg.): Erzähl mir vom kleinen Angsthasen. Die schönsten Kindergeschichten der DDR. Beltz & Gelberg 2009. S. 225-235. ab 4 Jahren. Sammelband 14,95 Euro. Auch als Einzelband erhältlich.

Bilder, Bilder, Bilder: Die Lange Nacht der Illustration

Diese Galerie enthält 4 Fotos.

Am 31. August fand in Berlin die „Lange Nacht der Illustration“ statt. Mehr als 100 Illustratoren öffneten ihre Ateliers oder brachten ihre Werke in Buchläden, um sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. In den Stadtteilen Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Friedrichshain, Neukölln, Pankow, Mitte und Schöneberg befanden sich Stationen. Ich machte mich zuerst auf den recht weiten … Weiterlesen

Urzeitroboter 7. Teil: „Ich bin der König“ von Leo Timmers

Halbzeit! Die Hälfte der Bücher des „Urzeitroboter“-Preises habe ich vorgestellt. Bis Ende Juli sollte ich mich für eine Rangfolge entschieden haben. Da muss ich mich ganz schön spurten, um noch alle Bücher vorzustellen. Jetzt kommen aber ein paar Titel, die mir nicht so gut gefallen haben, da „erledige“ ich mal schnell in den nächsten Tagen nebenbei die Verrisse …

Das Buch von Leo Timmers beschreibt, wie sich die Tiere um die Krone des Dschungelkönigs streiten. Jedes Tier möchte sein Anrecht auf die Anführerrolle durch seine hervorstechende Eigenschaft begründen. Am Ende geht der Löwe als der wahre König der Tiere aus dem Streit hervor. Zwar sind die Zeichnungen mit den verschiedenen Körperteilen, auf welche die Tiere die Krone stecken, ganz lustig – der Elefant zwängt sie zum Beispiel über ein Bein, dem Affen rutscht sie vor die Augen – ansonsten hat das Buch aber nichts Besonderes an sich, das mich besonders zum Lachen oder Nachdenken anregen würde.

Leo Timmers: Ich bin der König. Bohem Press 2011. ab 3 Jahren. 11,95 Euro.

Urzeitroboter 5. Teil: „Lieselotte macht Urlaub“ von Alexander Steffensmeier

Bauernhofgeschichten sind modern. Seit in allen Medien ständig beklagt wird, dass Kinder nicht mehr wissen würden, woher das Schnitzel auf ihrem Teller kommt, erfahren Berichte über Ferien auf dem Bauernhof, Schrebergärten und Landidyllen in Büchern eine besondere Aufmerksamkeit.

Ich bin zwar auf dem Dorf aufgewachsen und habe das Schicksal von Hühnern, Schweinen und Kaninchen erlebt, hatte aber immer ein sehr distanziertes Verhältnis zu Tieren. Hunde machten mir Angst, Katzen fand ich hinterhältig und der Gedanke daran, einen kleinen Hasen zu streicheln, verursachte Gänsehautschauer. Die einzigen Haustiere, die ich mir vorstellen kann, sind Fische. Insofern stehe ich Bauernhofgeschichten etwas skeptisch gegenüber. Wie im vorigen Beitrag zu Michel aus Lönnerberga schon erwähnt, hielt sich die Begeisterung für Traktoren bei unserem Sohn, der normalerweise alles liebt, was fährt, bisher ebenso in Grenzen. Auch ihn schien das Thema „Bauernhof“ nicht sonderlich zu interessieren.

Die sehr erfolgreiche Lieselotte-Reihe von Alexander Steffensmeier bedient sich des Bauernhoftrends und knüpft zudem an bewährte Kinderbücher aus Skandinavien an. Die Anleihen bei den „Pettersson und Findus“-Büchern sind meines Erachtens nicht zu übersehen: Hühner spielen eine wichtige Rolle und die Zeichnungen sind sehr detailreich.

So hatte sich bei mir eine sehr kritische  Haltung gegenüber der Reihe eingestellt. „Lieselotte macht Urlaub“ ist nicht der erste Reihentitel, den ich kennen gelernt habe und bisher fand ich die Geschichten immer ein bisschen mau: vor allem die Lösungen der Konflikte schienen mir oft an den Haaren herangezogen. Das für den „Urzeitroboter“ nominierte Buch wirkte auf mich beim ersten Blick darauf auch konventionell, aber dann habe ich mich in den Zeichnungen verloren, die sehr lustig sind. Eines Tages kommt eine Postkarte von ihrem Freund, dem Postboten, bei Lieselotte an. Daraufhin möchte die verrückte Kuh auch Urlaub machen, trabt zur Bushaltestellte und wartete vergeblich auf eine Möglichkeit, den Bauernhof zu verlassen. Eine Wiese daneben kommt dann genauso gut als Urlaubsort in Frage und der Spaß fängt nun richtig an.

Auf meiner Lieblingsseite liegt die Kuh Lieselotte auf ihrer Urlaubswiese und tut Dinge, die man so im Urlaub macht (oder gern machen möchte): in der Sonne liegen, die Natur entdecken, fotografieren, ungewohnte Sachen essen, exotische Tiere entdecken. Die Bewegungen und die Mimik der etwas unbeholfenen Kuh dabei sind köstlich gezeichnet. Bei Alexander Steffensmeier sieht man deutlich, welches humoristische Potential in Bildern und weniger in Sprache steckt. Ich kann mir seine Illustrationen auch ohne Worte sehr gut vorstellen.

Überhaupt ist der Illustrator sehr umtriebig. Buchvorstellungen mit ihm – an einer habe ich im letzten September teilgenommen – sind sehr interessant, denn er gibt spannende Einblicke in seine Arbeit. In einem Blog berichtet er ebenso über die Entstehung seiner Bilder. Da kann man dem Zeichner direkt über die Schulter schauen und ist beeindruckt von der sorgfältigen Recherche und Hingabe mit der seine leichtfüßig wirkenden Bilder entstehen.

Mein Fazit: Trotz des modischen Themas ist die Kuh Lieselotte unverwechselbar. (plus) Der Humor der Bilder basiert größtenteils auf den Unbeholfenheit der Kuh mit menschlichen Zügen. (plus) Wer „Pettersson und Findus“ mag, liegt mit der Lieselotte-Reihe richtig. (neutral)

Alexander Steffensmeier: Lieselotte macht Urlaub. Sauerländer Verlag 2011. ab 3 Jahren. 14,95 Euro.

Spaß in Eis und Schnee: „10 kleine Pinguine“ von Joëlle Jolivet und Jean-Luc Fromental

Bei den momentanen Kühlschranktemperaturen draußen wäre ich manchmal gern ein Pinguin, der perfekt an die eisigen Wetterverhältnisse angepasst ist. Ich mag die kleinen Herren im Frack, die so lustig watscheln. Vom französischen Autoren-Illustrations-Duo Joëlle Jolivet und Jean-Luc Fromental, dessen Bildersprache mich sehr beeindruckt, gibt es gleich zwei Bilderbücher, in denen Pinguine die Hauptrolle spielen. Im ersten mit dem Titel „365 Pinguine“ bekommt eine Familie am 1. Januar ein Paket mit einem Pinguin, der in einem Brief um Futter bittet. Am nächsten Tag kommt der zweite Pinguin, der um Hilfe fragt und so steht jeden Tag ein Pinguin mehr vor der Tür. Mit jedem neuen Besucher wird das Chaos in der Wohnung der Familie größer. Dieses Buch steht noch auf meinem Wunschzettel. Das riesige Format (36,2cm x 28,4cm) hat mich bisher ein wenig abgeschreckt, denn das passt nicht in unser Bücherregal …

Stattdessen habe ich das andere Pinguin-Werk besorgt: „10 kleine Pinguine“, ein Pop-Up-Bilderbuch, in dem die lustige Geschichte von 10 kleinen Frackträgern, die einer nach dem anderen der Gruppe abhanden kommen, in Reimen erzählt wird. Einer fällt ins Wasser, einer fährt mit einem Schiff davon, einer verirrt sich im Korallenriff usw. Dabei kann man durch Zieh- und Drehmechanismen das Verschwinden der Pinguine selbst in die Hand nehmen. Die kleinen Pop-Up-Bühnen sind sehr raffiniert aufgebaut und funktionieren wirklich prima, auch nach öfterem Hin- und Herschieben der Pfeile. Ein wenig stören mich die Reime, die die tollen Bilder begleiten.  In einigen Versen stimmt der Rhythmus überhaupt nicht. Wortneuschöpfungen wie „Sümpf“, was sich dann auf „fünf“ reimen soll, wirken bemüht. Leider habe ich das französische Original nicht, um zu überprüfen, ob die Reime auch dort so holpern. Die Übersetzerin Ebi Naumann hatte jedenfalls eine sehr schwierige Aufgabe zu bewältigen und für 10 süße kleine Pinguine nehme ich gerne die ungelenken Verse in Kauf.

Joëlle Jolivet und Jean-Luc Fromental: 365 Pinguine. Carlsen Verlag 2008. ab 5 Jahren. 16,00 Euro.

Joëlle Jolivet und Jean-Luc Fromental: 10 kleine Pinguine. Carlsen Verlag 2010. ab 3 Jahren. 14,90 Euro.

Mehr Maulwürfe! „Paula und Paula“ von Roslyn Schwartz

Vor einiger Zeit wurden beim „Sandmännchen“ mehrere Monate lang wöchentlich Episoden mit den Abenteuern der zwei kleinen Maulwürfe „Paula und Paula“ gezeigt, die wir sehr mochten. Die beiden Krabbler und Wühler hatten einen guten Blick für Naturerscheinungen, erklärten natürliche Phänomene, stellten alltagsphilosophische Fragen und zeigten, wie viele Entdeckungen man in der Natur machen kann. Die TV-Cartoons basieren auf den Erzählungen „The Mole Sisters“ der kanadischen Autorin Roslyn Schwartz. Auf englisch gibt es eine Sammlung mit vielen Abenteuern von „Paula und Paula“, leider nicht auf deutsch. Wir warten sehnsüchtig darauf … Normalerweise werden Fernsehformate in den verschiedensten Kanälen vermarktet. Zu jeder Kinderfernsehserie gibt es auch Bücher. Leider nicht von „Paula und Paula“. Warum?

Roslyn Schwartz: The complete adventures of the mole sisters. Annick Press 2004. ab 2 Jahren. 15,99 Euro.

Bagger vs. Maulwurf: „Der Maulwurf Grabowski“ von Luis Murschetz

Ein Kindheitserinnerungsgespräch mit meinem Mann, der im Westen aufgewachsen ist, machte mich kürzlich auf den Klassiker „Der Maulwurf Grabowski“ von Luis Murschetz aufmerksam. In dem 1971 erschienenen Bilderbuch erzählt der Autor, wie der angestammte Lebensraum eines Maulwurfs – mit dem schönen Namen Grabowski -, durch Landvermesser, Bagger und Baumaschinen zerstört wird. Nach einer dramatischen Vertreibung des kleinen Tieres aus seinem Bau durch die riesigen Maschinen und einer abenteuerlichen Flucht über Eisenbahnschienen sowie Autobahnen, findet Grabowski glücklicherweise eine neue Wiese, auf der das Gras noch saftig und die Erde locker und weich ist. In beeindruckenden Bildern, die anrührend sorgfältig gezeichnet sind – man sieht jeden einzelnen Strich in den Schraffuren, die die Flächen füllen – wird die Bedrohung des Maulwurfs durch Baggerschaufeln, Kettenfahrzeuge und Betonmischer gezeigt.

Nachdem man sich dieses bezaubernde Buch angeschaut hat, wundert man sich überhaupt nicht mehr über Bürger, die gegen Tiefbahnhöfe protestieren. Eine Ideologie der Naturnähe und Maschinenskepsis findet hier beeindruckende Bilder. Der Maulwurf Grabowski ist leider zu klein und zu machtlos, um gegen die Maschinenungetüme zu protestieren, er muss sich ein neues Zuhause suchen. Dafür wird der Leser von seinem Schicksal so sehr berührt, dass er – ähnlich wie der Maulwurf – nur noch die riesigen Schaufeln und den geldgierigen Bauern, den er sowieso nicht leiden kann, sieht. Der Sinn und Zweck der Baumaßnahmen kommt gar nicht in den Blick. Für den Maulwurf Grabowski lohnt es sich auf jeden Fall zu protestieren.

Luis Murschetz: Der Maulwurf Grabowski. Diogenes Verlag 1971. ab 4 Jahren. 15,90 Euro

P.S.: Der „kleine (tchechische) Maulwurf“ bekommt es übrigens in einer Folge auch mit einem Bagger zu tun (hier zu sehen). Im Gegensatz zum Maulwurf Grabowski schafft er es aber, den Bagger auszutricksen. Das „Ungetüm“ muss seine Route ändern, der kleine Garten des Maulwurfs kann bestehen bleiben. In dieser Geschichte ist die Skepsis gegenüber Baumaschinen weniger groß als in Luis Murschetz‘ Bilderbuch, denn das kleine Tier kann die Situation noch beeinflussen, der Bagger wirkt nicht so bedrohlich, das Schicksal nicht so unausweichlich.