(Fast) ohne Kommentar, einfach nur „Hurra, der Frühling ist da“ von Rose Pflock und Kazuo Iwamura

frühling iwamuraDer Frühling ist noch ganz zart und jung. Die ersten Frühblüher recken sich der zu Kräften kommenden Sonne entgegen. Die Bäume sind noch kahl, das Gras ist noch verhuscht braun-grün-welk. Die Sonne aber tut allen gut und weckt die Lebensgeister, die bald im Überschwang zu spüren sein werden. Zwei Ausdrücke für diese Lebensgeister möchte ich heute mit euch teilen, eine sprachlichen und einen bildhaften. Zwei Ausdrücke, in denen die Frühlingslebensfreude übersprudelt!

Los geht’s mit einem klassischen Frühlingskommentar von Astrid Lindgren, mit einer Textstelle aus „Ronja Räubertochter“, die beim Lesen immer wieder Gänsehaut hervorruft:

„Früher Morgen ist. Wie der erste Erdenmorgen so schön. Die Siedler der Bärenhöhle, hier kommen sie durch den Wald gewandert, und ringsum ist alle Herrlichkeit des Frühlings. In allen Bäumen und allen Wassern und allen grünen Büschen lebt es, es zwitschert und rauscht und summt und singt und plätschert. Überall erklingt das forsche, wilde Lied des Frühlings. Der Frühling ist neu, aber er ist, wie er immer war. ‚Erschrick nicht, Birk‘, sagte Ronja. ‚Jetzt kommt mein Frühlingsschrei!‘ Und sie schrie, gellend wie ein Vogel, es war ein Jubelschrei, den man weithin über den Wald hörte.“ (Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter, deutsch von Anna-Liesa Kornittzky, Verlag Friedrich Oetinger)

Die passenden Bilder zum Frühlingsüberschwang gibt es bei „Hurra, der Frühling ist da. Matz, Fratz und Lisettchen im Blütenbaum“ von Kazuo Iwamura.  Drei Eichhörnchen klettern in einem Blütenbaum herum und finden ein Vogelbaby, das Hunger hat. Sie möchten ihm zu fressen geben, wissen aber nicht was. Da kommt die Vogelmutter angeflogen und bringt ihrem Kleinen einen Wurm. Die Bilder zu dieser sehr einfachen, in Reimen verfassten Geschichte, sind so fröhlich, so frühlingsüberschwänglich, dass man den Duft der tausend Blüten im Baum förmlich riechen kann und sich wie die Eichhörnchen fühlt. Na dann mal losgehüpft und losgeschrieen!

Zwei Mal Kamishibai in Neukölln

Ende August hatte ich hier ein kleines Experiment angekündigt: Eine Freundin und ich, wir haben in Berlin-Neukölln einen Kamishibai-Workshop vorbereitet. Wir haben ein Theater gebastelt, eine Geschichte geschrieben und illustriert. Im Zuge unserer „Werbemaßnahmen“ zum Erzählnachmittag ergab sich spontan der Kontakt zur Pfarrerin der Genezareth-Kirche in Neukölln, die uns zum „Nachbarschaftsfest ‚WortReich‘ des interkulturellen Zentrum Genezareth“ einlud.

Diese Einladung nahmen wir gerne an und fanden uns am Freitag, 07. September auf dem Herrfurthplatz wieder, mit einem recht großen Stand und unserem kleinen Theater. Zuerst kamen wir uns ein bisschen verloren vor. Die anderen Stände boten jede Menge Sprachspiele, Bücher, Bilder und vor allem Süßigkeiten. Da kam uns unser Angebot nicht ganz konkurrenzfähig vor. Dann wurden wir jedoch sehr überrascht: Unsere Idee, die Kinder Bilder malen zu lassen, sie im Theater zu zeigen und zu erzählen, was darauf passiert, funktionierte nämlich prächtig. Ganz ohne Süßigkeiten! Wir sammelten so jede Menge schöne Bilder und Geschichten von Mondraketen, Fußballspielen, um die Welt reisenden Drachen, Sonnen in verschiedenen Farben und Autos. An den Themen seht ihr schon, dass vor allem Jungs bei unserem kleinen Theater vorbeikamen.

Der Stand beim Gemeindefest war also eine sehr gute Vorbereitung für unseren Workshop im Kulturcafé Fincan am Sonntag. Hier war unsere Teilnehmerzahl etwas kleiner, dafür waren die beiden Besucherinnen Merle und Hanna umso engagierter und begabter. Es klappte wunderbar, mit den beiden eine Geschichte zu entwickeln, Bilder dazu zu malen und das Ganze in Worte zu kleiden. Zwei Stunden arbeiteten wir konzentriert zusammen, bis wir uns eine Stärkung mit Kuchen und Tee verdient hatten. Den Höhepunkt des Nachmittags stellte die Aufführung der Geschichte vor den Eltern dar, die die beiden Kamishibai-Erzählerinnen wunderbar bewältigten.

Nun überlegen wir, ob und wie wir unseren Kamishibai-Erzählnachmittag verstetigen, wo und wie wir evtl. mit Grundschulen zusammenarbeiten, wo und wie wir finanzielle Unterstützung für unsere Materialkosten herbekommen. Der erste Probedurchgang des Experiments war also ganz erfolgreich, nun basteln wir an einer Fortsetzung, denn Kamishibai ist wirklich spannend.

Erzähl‘ mal – mit Kamishibai

Vor Kurzem hatte ich vom japanischen Erzähltheater Kamishibai berichtet. Eine Freundin und ich, wir wollen dieses Erzähltheater nun einmal in einem Workshop mit Kindern ausprobieren. Wir sind dafür zu Gast im Kulturcafé Fincan in Berlin-Neukölln und freuen uns über Anmeldungen von Kindern ab 8 Jahren. Zur Anmeldung könnt ihr einfach eine E-Mail schreiben an: wirlesenvor@googlemail.com. Wir basteln gerade am Theater und an unserer Vorführgeschichte und haben viel Freude daran. Hier die genauen Daten zum Workshop:

Wann? am Sonntag, 09. September, 13h30 bis 17h

Wo? Kulturcafé Fincan, Altenbrakerstr. 26, 12051 Berlin-Neukölln

Was? Beim Erzähl- und Bildertheater „Kamishibai“ sollen Kinder ihrer eigenen Kreativität freien Lauf lassen, um die Geschichten aus ihren Köpfen zu locken. Als Unterstützung dienen dazu Bilder anhand derer die Geschichten improvisiert erzählt werden. Die Veranstaltung gliedert sich in zwei Teile. Zuerst können die Kinder das Erzähltheater „Kamishibai“ in einer Beispielvorführung kennen lernen. Danach gibt es einen Workshop bei dem gemeinsam eine eigene Geschichte für das Erzähltheater entwickelt und gemalt wird. Das Ergebnis des Workshops wird am Ende von den Kindern vorgeführt.

Nochmal Japan: Erzählkunst

Neben den Eisenbahnbüchern machte mich meine Freundin in Japan noch auf ein weiteres kulturelles Phänomen aufmerksam, das in der japanischen Kinderliteratur und Populärkultur eine Rolle spielt und mich sehr fasziniert hat: das Kamishibai, japanisches Papiertheater.

Entstanden ist diese Form des öffentlichen Theaters zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Süßigkeitenverkäufer fuhren mit dem Fahrrad durch die Dörfer und Städte. Auf dem Gepäckträger war ein Holzrahmen befestigt, in die er die Geschichtstafeln einlegte und seine Geschichten vortrug. Mit einem Bühnenmodell aus Holz entsteht so eine angeleitete gesellige Form des Erzählens, in dem eine kindorientierte Geschichte in szenischer Abfolge von Bildern präsentiert wird. Die Vorstellung war jeweils kostenlos, den Unterhalt verdiente sich der Erzähler mit dem Verkauf von Süßigkeiten.

Mit der Einführung des Fernsehens verschwand diese Kunst des Erzählens. In Deutschland setzen es GrunschullehrerInnen und ErzieherInnen heute manchmal ein, um das Geschichtenerzählen zu fördern. Insbesondere Märchenerzählungen können so durch Bilder ergänzt werden. Es gibt auch bei uns Kamishibai-Rahmen und Bildkarten zu kaufen.

In Allen Says Geschichte „Kamishibai Man“ wird von einem alten Mann berichtet, der früher als Kamishibai-Erzähler seinen Lebensunterhalt verdiente. Er denkt voller Melancholie an sein früheres Leben und beschließt, noch einmal als Kamishibai-Erzähler in die Stadt zu fahren. Dabei macht er erstaunliche Entdeckungen. Leider wurde dieses Buch noch nicht ins Deutsche übersetzt. Ich bin aber sehr neugierig darauf und werde es mir noch anschauen. Und außerdem würde ich sehr gerne mal ein Kamishibai ausprobieren. Aber damit warte ich lieber noch bis die Tage kürzer, die Abende länger und die Sonntage richtig verregnet werden …

Allen Say: Kamishibai Man. Houghton Mifflin Verlag 2005. ab 4 Jahren. 13,20 Euro.

Unser Bücherparadies wäre … Japan: Jede Menge Eisenbahnbücher

Eine Freundin aus Frankreich lebt gerade in Japan. Sie hat sich in der dortigen französischen Community umgehört und eine Mutter getroffen, die von ihren Kinderbucherfahrungen erzählt hat. Hier ihr Bericht (mit fiktiven Namen):

Catherine und Pierre (6 Jahre) lesen meist französische Kinderbücher vor, obwohl Pierre  in den japanischen Kindergarten geht und bald die Grundschule in Kyoto besuchen wird. Für Catherine ist es schwierig, japanische Kinderbücher vorzulesen, weil es nicht ihre Muttersprache ist. Sie meint, wenn sie stottert oder stammelt, ist Pierre gleich nicht mehr am Buch interessiert. Trotzdem haben sie auch japanische Bücher in ihrem Regal, die ihnen gut gefallen. Und das sind – sehr zu unserer Freude – vor allem Eisenbahnbücher! Da das Zugsystem in Japan mindestens genauso gut ausgebaut ist wie in Deutschland, scheint dieses Genre dort recht weit verbreitet zu sein und die Ästhetik der Bücher gefällt mir sehr gut. Aber seht selbst, denn meine Freundin hat uns ein ganz tolles Exemplar geschenkt, von dem ich sehr begeistert bin:

でんしゃでいこう Densha de ikoo („Fahren wir mit dem Zug!“) von Masae Naokata (Hisakata Verlag, 2001) — ab 3 Jahren. Das Buch gefällt mir, ohne dass ich seinen Text kenne. Ich muss noch eine Japanerin / einen Japaner in Berlin finden, die / der uns das Buch übersetzt. Es kann in beide Richtungen gelesen werden und somit fällt nicht besonders auf, dass japanische Bücher eigentlich von hinten nach vorne gelesen werden. Das Buch imitiert eine Zugstrecke, der Zug fährt immer hin und zurück. Mein Sohn liebt diese Vorhersehbarkeit der Ereignisse und mag es außerdem sehr, Linien mit dem Finger nachzufahren, was bei diesem Buch sehr gut möglich ist. Catherine meint, dass der Text ziemlich einfach auf Japanisch vorzulesen ist, da es viele Lautmalereien wie „de-de-do-do“ gibt. Interessant ist übrigens auch, dass jeder Zug in Japan sein eigenes Geräusch macht – in Frankreich machen alle Züge „tchou-tchou“, in Deutschland „tsch-tsch-tsch“! Der Zug in dieser Geschichte fährt durch japanische Landschaften und die vier Jahreszeiten. Kleine Fenster sind aufgeschnitten für Tunnel! Die Tunneldurchfahrten strukturieren die Seiten und bereiten die Ausblicke auf die Landschaften vor. Die Landschaftsbilder erinnern an den berühmten, traditionellen japanischen Maler Hokusai. Die Figuren, die als Passagiere im Zug mitreisen, haben hingegen etwas Comichaftes im Stil von Hergé an sich. Mein Sohn und ich, wir hatten jedenfalls schon von viel Freude mit diesem japanischen Bücherschatz und meiner Meinung nach fehlt ein solches Buch auf dem deutschen Kinderbüchermarkt!

Catherine und Pierre haben noch weitere Zug- und Verkehrsbücher in ihrem Bücherregal, die ich euch auch gerne noch vorstellen möchte:

カンカンカンでんしゃがくるよ Kan-kan densha ga kuruyo („Kan-kan, hier kommt der Zug!“) von Mitsuo Tsuda (Shin Nihon Shuppansha Verlag, 1990) — ab 3 Jahren. Noch eine Zuggeschichte! Zwei Freunde, ein Elefant und ein Kaninchen stehen am Bahnübergang und verschiedene Züge (nochmal mit unterschiedlichen Geräuschen) fahren vorüber.

うみへいくピン・ポン・バス Umi eku ping-pong bassu („Die Ping-Pongs fahren nach Umi mit dem Bus“) von Fumiko Takeshita (Text) und Mamoru Suzuki (Bilder) (Kaiseisha Verlag, 2004) — ab 3 Jahren. Zum Schluss noch ein Verkehrsbuch, dieses Mal mit einem Bus als Transportmittel. Dieses Buch erzählt die Reise einer Familie (Eltern + 1 Sohn + 1 Tochter) zum Strand. Die Bilder sind nette Gemälde und der Bus fährt durch die Stadt und dann über Land.

Herzlichen Dank an Magali für die Vorstellung der Bücher und die Bilder! Der Bericht geht noch weiter. In den nächsten Tagen gibt es eine Fortsetzung zur japanischen Kinderliteratur.