Bauernhofgeschichten sind modern. Seit in allen Medien ständig beklagt wird, dass Kinder nicht mehr wissen würden, woher das Schnitzel auf ihrem Teller kommt, erfahren Berichte über Ferien auf dem Bauernhof, Schrebergärten und Landidyllen in Büchern eine besondere Aufmerksamkeit.
Ich bin zwar auf dem Dorf aufgewachsen und habe das Schicksal von Hühnern, Schweinen und Kaninchen erlebt, hatte aber immer ein sehr distanziertes Verhältnis zu Tieren. Hunde machten mir Angst, Katzen fand ich hinterhältig und der Gedanke daran, einen kleinen Hasen zu streicheln, verursachte Gänsehautschauer. Die einzigen Haustiere, die ich mir vorstellen kann, sind Fische. Insofern stehe ich Bauernhofgeschichten etwas skeptisch gegenüber. Wie im vorigen Beitrag zu Michel aus Lönnerberga schon erwähnt, hielt sich die Begeisterung für Traktoren bei unserem Sohn, der normalerweise alles liebt, was fährt, bisher ebenso in Grenzen. Auch ihn schien das Thema „Bauernhof“ nicht sonderlich zu interessieren.
Die sehr erfolgreiche Lieselotte-Reihe von Alexander Steffensmeier bedient sich des Bauernhoftrends und knüpft zudem an bewährte Kinderbücher aus Skandinavien an. Die Anleihen bei den „Pettersson und Findus“-Büchern sind meines Erachtens nicht zu übersehen: Hühner spielen eine wichtige Rolle und die Zeichnungen sind sehr detailreich.
So hatte sich bei mir eine sehr kritische Haltung gegenüber der Reihe eingestellt. „Lieselotte macht Urlaub“ ist nicht der erste Reihentitel, den ich kennen gelernt habe und bisher fand ich die Geschichten immer ein bisschen mau: vor allem die Lösungen der Konflikte schienen mir oft an den Haaren herangezogen. Das für den „Urzeitroboter“ nominierte Buch wirkte auf mich beim ersten Blick darauf auch konventionell, aber dann habe ich mich in den Zeichnungen verloren, die sehr lustig sind. Eines Tages kommt eine Postkarte von ihrem Freund, dem Postboten, bei Lieselotte an. Daraufhin möchte die verrückte Kuh auch Urlaub machen, trabt zur Bushaltestellte und wartete vergeblich auf eine Möglichkeit, den Bauernhof zu verlassen. Eine Wiese daneben kommt dann genauso gut als Urlaubsort in Frage und der Spaß fängt nun richtig an.
Auf meiner Lieblingsseite liegt die Kuh Lieselotte auf ihrer Urlaubswiese und tut Dinge, die man so im Urlaub macht (oder gern machen möchte): in der Sonne liegen, die Natur entdecken, fotografieren, ungewohnte Sachen essen, exotische Tiere entdecken. Die Bewegungen und die Mimik der etwas unbeholfenen Kuh dabei sind köstlich gezeichnet. Bei Alexander Steffensmeier sieht man deutlich, welches humoristische Potential in Bildern und weniger in Sprache steckt. Ich kann mir seine Illustrationen auch ohne Worte sehr gut vorstellen.
Überhaupt ist der Illustrator sehr umtriebig. Buchvorstellungen mit ihm – an einer habe ich im letzten September teilgenommen – sind sehr interessant, denn er gibt spannende Einblicke in seine Arbeit. In einem Blog berichtet er ebenso über die Entstehung seiner Bilder. Da kann man dem Zeichner direkt über die Schulter schauen und ist beeindruckt von der sorgfältigen Recherche und Hingabe mit der seine leichtfüßig wirkenden Bilder entstehen.
Mein Fazit: Trotz des modischen Themas ist die Kuh Lieselotte unverwechselbar. (plus) Der Humor der Bilder basiert größtenteils auf den Unbeholfenheit der Kuh mit menschlichen Zügen. (plus) Wer „Pettersson und Findus“ mag, liegt mit der Lieselotte-Reihe richtig. (neutral)
Alexander Steffensmeier: Lieselotte macht Urlaub. Sauerländer Verlag 2011. ab 3 Jahren. 14,95 Euro.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.