Fabelhafte Wesen (zur Unterhaltung kunstbegeisterter Mütter): „Bilderbuch“ von Hanna Höch

Dieses Buch ist ein Schatz! Und dieser Schatz ist dieses Mal nicht für kleine Piraten, sondern eher für die Mütter der Seeräuber, die gerne träumen und sich mit Kunst beschäftigen.

Die Künstlerin Hanna Höch (1889-1978), die vom Dadaismus in den 1920er Jahren geprägt war und mit vielen verschiedenen künstlerischen Techniken arbeitete, stellte dieses Album mit 19 Collagen und Versen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Es zeigt eine fantastische Welt, die von märchenhaft exotischen Pflanzen und Tieren bevölkert ist. Einzelne Tiere werden in den Reimen mit ihren Schwächen und Eigenheiten, die menschliche Wesensmerkmale aufnehmen und kleine zwischenmenschliche Geschichten erzählen, vorgestellt, z.B. die „Rennquicke“:

„Den ganzen Tag ist sie in großer Eile / und man weiss nicht recht warum. / Doch ist sie es nicht aus Langeweile –/ es geht was in ihr um. / Ein wunderfeines Wollgenist / hält sie versteckt am Wiesenrain / das voller, voller Sorgen ist / – voll tausend kleiner Quickrennlein.“

So gibt es ein noch einige andere Mütterfiguren, aber auch alte Ehepaare, falsche Schlangen und einsame Vögel zu bestaunen. Spannend erscheint mir die Frage, warum die Künstlerin das Werk ausgerechnet „Bilderbuch“ genannt hat, wo diese Bezeichnung doch sehr an ein bestimmtes Genres erinnert. Für Hanna Höch stellte die Collagensammlung eine „Zweck-Arbeit“ dar, die „etwas Brot ins Haus bringen sollte“, so beschreibt es die Herausgeberin in der Neuauflage. Die Künstlerin bot das Buch verschiedenen Verlagen an. Die Bilder und Texte erschienen den Verlegern jedoch zu komplex. Es konnte erst 1985 in einer bibliophilen Ausgabe erscheinen.

Kinder kann man sich tatsächlich schwer als Zielgruppe vorstellen, wenn man das Buch durchblättert. Aber vielleicht hatte Hanna Höch noch eine andere Meinung von der kindlichen Bilderwelt und Auffassungsgabe als wir heute?

Hanna Höch: Bilderbuch. The green box 2008. 24,00 Euro.

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